Die Statistik des Professor Pfeiffer

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    • Die Statistik des Professor Pfeiffer

      Nach Auswertung von 150 der 900 Fälle verweist Pfeiffer darauf, dass im Osten in den vergangenen zwei Jahren drei bis vier Mal häufiger Babys von ihren Eltern getötet worden seien als im Westen.
      Quelle: Focus

      Diesen Satz muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen - was soll das? Was wurde denn da bitte ausgewertet? Ein Bruchteil von Fällen über einen sehr engen Zeitraum von gerade einmal zwei Jahren - und das berechtigt zu solchen Schlußfolgerungen, wie sie Prof. Pfeiffer jetzt verkündet? Daß selbst diese Schlußfolgerungen falsch sind, sieht man hier - ich habe einmal die offiziellen Zahlen für das Jahr 2006 herausgesucht:

      Die offizielle Polizeiliche Kriminalstatistik in Deutschland weist eine Abnahme der registrierten Fälle von Kindstötungen auf. Im Jahr 2006 wurden 202 Kinder Opfer von Tötungsdelikten, 2000 waren es noch 293.
      Quelle: Wikipedia
      Tatsächlich ist Brandenburg mit 13 getöteten Kindern 2006 ein Spitzenreiter selbst in Ostdeutschland. In Sachsen gab es sechs, in Thüringen zehn, in Mecklenburg-Vorpommern neun, in Sachsen-Anhalt fünf Kinder, die Opfer von Tötungsdelikten, einer tödlich endenden Vergewaltigung oder Verwahrlosung wurden.
      Quelle: [URL=http://www.tagesspiegel.de/berlin/Brandenburg-Kindstoetungen;art128,2432132]Tagesspiegel[/URL]


      Also 202 Fälle von Kindestötung bundesweit, davon 43 in den neuen und 159 in den alten Bundesländern.

      Von den 82.314.906 Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland leben 65.666.642 (79,78%) in den alten und 16.648.264 (20,22%) in den neuen Ländern.
      Quelle: statistik-portal.de/Statistik-Portal/de_jb01_jahrtab1.asp

      21,3% der Kindstötungen fanden dort statt, wo 20,22% der Bürger leben.
      78,7% der Kindstötungen fanden dort statt, wo 79,78% der Bürger leben.


      Ich sehe da kaum einen Unterschied und erst recht keinen signifikanten. Mir ist schleierhaft, woher die Erkenntnisse des Herrn Professor Pfeiffer stammen, sie sind, um es mal vorsichtig zu formulieren, absolut nicht nachvollziehbar.

      Was mich aber ehrlich gesagt ziemlich erschüttert, ist die Tatsache, daß offensichtlich so gut wie alle großen deutschen Tageszeitungen Pfeiffers These übernommen haben, als handele es sich um eine gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis.
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens
    • Die große Unbekannte hierin werden wohl die Fälle der fahrlässigen Tötung (118 von 244 Fällen) bilden.

      faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9…B5~ATpl~Ecommon~SMed.html

      Leider ist die Methodik von Pfeiffer nicht dargestellt. Auch die Quote, auf welches Bundesland welcher Anteil von welchen Delikten fällt, ist nicht dargestellt.

      Bevor man über Pfeiffer herfällt, sollte man das Ergebnis seiner Ausarbeitung abwarten. Er hat schließlich selber gesagt, daß nach einer Auswertung von 150 von 900 Fällen "der Osten" vorne liegt.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Steuerzahler1 ()

    • Professor Pfeiffer ist unvermeidlich wenn es darum geht einen Kriminologen mit passender Statistik aus dem Hut zu ziehen und auch er alles andere als "unfehlbar"...
      Allerdings forscht er wirklich seit Jahren in dem Bereich und seine Studie umfasst eben nicht nur 2 Jahre sondern 10 - von 1997 bis 2006.

      Dazu kommt das Du und Herr Pfeiffer was anderes betrachtet. Du hast die polizeiliche Kriminalstatistik von 2006, die erfasst alle unnatürlichen Todesfälle (außer Straßenverkehrfälle) von Kindern unter 14. Dieses umfasst Mord, Totschlag, Sexualdelikte, Körperverletzungen mit Todesfolge und fahrlässige Tötungen von allen möglichen Tätern, also Eltern, Verwandten, Bekannten und Fremden.
      Pfeiffer betrachtet davon allerdings nur die Fälle in denen die Eltern die Täter waren und er sagt das es in diesen Fällen signifikante Unterschiede gibt, das kannst du mit diesen Zahlen nicht widerlegen.


      Wenn eine 22 Jährigen eine Kindstötung begeht, wie aktuell in Brandenburg, klingt es für mich makaber und verachtend dieses auf die DDR zu schieben. Die dürfte nämlich 1985 oder 1986 geboren worden sein und damit beim Untergang der DDR 3 oder 4 gewesen sein. Ein Alter mit dem man wohl kaum entsprechend geprägt werden konnte. Kindstötungen, auch und gerade von jüngeren Müttern auf den DDR Umgang mit Schwangeren und Schwangerschaftsabbrüchen zu schieben ist ist daher in meinen Augen blödsinnig und verkennt zudem vollkommen die Realität.
      Klar gibt es Unterschiede zwischen Ost und West, Frauen werden hier nach wie vor eher Mütter und gerade die wirtschaftliche Lage und der Lehrstellenmangel im (ländlichen) Osten führen dazu das sich auch schon mit 20 oder noch früher bewusst für ein Kind entschieden wird, selbst wenn man es alleine großziehen muss. Dadurch steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit mit dem Kind vollkommen überfordert zu sein und nicht weiter zu wissen. Da ist nicht die DDR sondern die aktuelle Politik für mitverantwortlich. Aber dennoch wird fleißig im sozialen Bereich massiv gekürzt und die Verantwortung weitergeschoben.
      Und ein Schwangerschaftsabbruch und das verhungern lassen eines Kleinkindes sind zwei vollkommen unterschiedliche Paar Schuhe.
      “Wer grundlegende Freiheiten aufgibt, um vorübergehend ein wenig Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.”
      Benjamin Franklin
    • Original von Steuerzahler1
      Die große Unbekannte hierin werden wohl die Fälle der fahrlässigen Tötung (118 von 244 Fällen) bilden.

      faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9…B5~ATpl~Ecommon~SMed.html
      Tut mir leid, das verstehe ich nicht. Inwiefern sind das Unbekannte? Die 118 fahrlässig getöteten Kinder sind ein Durchschnittswert aus den Jahren 1999 bis 2006. Ich habe ausschließlich Zahlen aus dem Jahr 2006 verwendet, für das statistische Zahlen des gesamten Bundesgebietes und der neuen Länder (und da nochmals aufgeschlüsselt nach Bundesländern) vorliegen. Wo sind da Unbekannte?

      Die Zahlen aus den einzelnen [ostdeutschen] Bundesländern weisen eine starke Streuung auf, aber ich vermute, daß das in den alten Ländern ähnlich ist.

      Bevor man über Pfeiffer herfällt, sollte man das Ergebnis seiner Ausarbeitung abwarten. Er hat schließlich selber gesagt, daß nach einer Auswertung von 150 von 900 Fällen "der Osten" vorne liegt.
      Wie kann er aber zu einem solchen Ergebnis kommen? Die Zahlen für 2006 (bezogen auf die Einwohnerzahlen) unterscheiden sich so gut wie nicht nach ABL und NBL. Um nun aber für einen Zwei-Jahres-Zeitraum zu dem Ergebnis zu kommen, das er veröffentlicht hat, müßten in Ostdeutschland ja (wieder anteilig auf die Bevölkerungsanzahl bezogen) sechs- bis achtmal so viele Kinder getötet worden sein wie in den alten Ländern. Ich will ja nicht bestreiten, daß das möglich ist, aber war es denn tatsächlich so?

      Die Frage ist, warum Pfeifer selbst zu einem Zeitpunkt Ergebnisse veröffentlicht hat, als noch nicht einmal 20% der Fälle untersucht waren. Hinzu kommt, daß der Zeitraum von zwei Jahren meiner Ansicht nach extrem kurz ist, um von einem generellen Ost-West-Unterschied oder auch nur von einem Trend in die eine oder andere Richtung zu sprechen.
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      Charles Dickens
    • Original von Rincewind
      Du hast die polizeiliche Kriminalstatistik von 2006, die erfasst alle unnatürlichen Todesfälle (außer Straßenverkehrfälle) von Kindern unter 14. Dieses umfasst Mord, Totschlag, Sexualdelikte, Körperverletzungen mit Todesfolge und fahrlässige Tötungen von allen möglichen Tätern, also Eltern, Verwandten, Bekannten und Fremden.
      Pfeiffer betrachtet davon allerdings nur die Fälle in denen die Eltern die Täter waren und er sagt das es in diesen Fällen signifikante Unterschiede gibt, das kannst du mit diesen Zahlen nicht widerlegen.

      Stimmt, da hast du recht.

      Professor Pfeiffer ist unvermeidlich wenn es darum geht einen Kriminologen mit passender Statistik aus dem Hut zu ziehen und auch er alles andere als "unfehlbar"...

      Stimmt - er hat ja sogar behauptet, daß Ostdeutsche deutlich ausländerfeindlicher seien, weil sie im Kindergarten gemeinsam mit den anderen Kindern auf den Topf mußten...

      Allerdings forscht er wirklich seit Jahren in dem Bereich und seine Studie umfasst eben nicht nur 2 Jahre sondern 10 - von 1997 bis 2006.
      Warum veröffentlicht er aber dann Daten aus einem stark verkürzten Zeitraum von nur zwei Jahren? Weil die Zahlen sonst anders aussähen? Ich finde das nicht besonders seriös.

      Wenn morgen jemand eine Statistik veröffentlicht, die besagt, daß in Hessen kannibalistische Straftaten 100% über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegen, ist das ebenso richtig wie sinnfrei. Aber was beweist das?!

      Wenn eine 22 Jährigen eine Kindstötung begeht, wie aktuell in Brandenburg, klingt es für mich makaber und verachtend dieses auf die DDR zu schieben. Die dürfte nämlich 1985 oder 1986 geboren worden sein und damit beim Untergang der DDR 3 oder 4 gewesen sein. Ein Alter mit dem man wohl kaum entsprechend geprägt werden konnte. Kindstötungen, auch und gerade von jüngeren Müttern auf den DDR Umgang mit Schwangeren und Schwangerschaftsabbrüchen zu schieben ist ist daher in meinen Augen blödsinnig und verkennt zudem vollkommen die Realität.

      Das sehe ich genau wie du. Erstens: wofür soll die DDR eigentlich noch alles verantwortlich sein? Zweitens ist diese Schuldzuweisung natürlich sehr bequem. Hat man einen Schuldigen, muß man über heutige Probleme schließlich noch nicht einmal anfangen nachzudenken. Drittens erklärt das nicht die Kindstötungen in den alten Ländern.

      Und ein Schwangerschaftsabbruch und das verhungern lassen eines Kleinkindes sind zwei vollkommen unterschiedliche Paar Schuhe.
      Genauso ist es.

      Ich denke, jede Kindstötung - egal, ob in Ost oder West - ist eine eine menschliche Katastrophe. Daß der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, der Gynäkologe Böhmer, den Unterschied zwischen einem maximal drei Monate alten Embryo und einem geborenen Kind entweder nicht kennt oder aber leugnet, ist eine geistige Katastrophe. Die Bereitschaft zur Kindstötung aus der legalen Möglichkeit der Abtreibung in der DDR abzuleiten, ist entweder grenzenlos dumm oder grenzenlos dreist - da wäre es ja noch logischer zu behaupten, die hohe Zahl von Abtreibungen in der DDR habe das Risiko gesenkt, postnatal getötet zu werden. Wie soll eigentlich die Möglichkeit, eine unerwünschte Schwangerschaft legal und ärztlich betreut abbrechen zu lassen, zu häufigerer Kindstötung führen? Dem steht auch die signifikant höhere Geburtenrate der DDR gegenüber der BRD entgegen.

      Auch Böhmers Auffassung, die Kindstötungen seien "ein Mittel der Familienplanung", ist blanker Irrsinn. Sicher, solche Fälle gab es, und das ist furchtbar. Aber nicht einmal Böhmer hat behauptet, daß ein solches in der Tat verantwortungsloses Verhalten in der DDR die Regel war. Außerdem wurden junge Frauen, die einen Abort haben durchführen lassen, in den Kliniken nicht gerade freundlich behandelt. Welche Begründungen haben denn Frauen in der BRD vor 1989 bzw. vor der Neuregelung des §218 angeführt? Wie viele haben illegal abgetrieben, wie viele sind bei gewissenlosen Engelmacherinnen verblutet und tauchten nie in irgendeiner Statistik auf? Ganz zu schweigen von denen, die zur Abtreibung ins Ausland gefahren sind?

      Ich bin der festen Überzeugung, daß sich damals wie heute Frauen in der überwiegenden Mehrheit nicht aus Jux und Dollerei für eine Abtreibung entscheiden - viele leiden für den Rest ihres Lebens darunter.
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      Charles Dickens
    • Pfeiffer hat noch einmal nachgelegt:
      In den neuen Ländern hat die Häufigkeit von Kindstötungen nach Angaben des Kriminologen Christian Pfeiffer in den vergangenen Jahren noch zugenommen. Die Zahl solcher Verbrechen sei gemessen an der Bevölkerungszahl in Ostdeutschland in den Jahren von 2004 bis 2006 gestiegen, während sie im Westen weiter gesunken sei, sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen in Hannover. „Im Jahr 2006 hatten wir den größten Unterschied, den wir je gemessen haben“, sagte Pfeiffer vor dem Hintergrund der Äußerungen von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) zu möglichen Gründen für Kindstötungen. Im Jahr 2006 seien im Osten - statistisch gesehen - von 100.000 Kindern im Alter von bis zu sechs Jahren 5,8 getötet worden, im Westen habe es laut polizeilicher Kriminalstatistik 1,3 Fälle gegeben. Im Jahr 2006 sei im Westen der niedrigste Wert erreicht worden, im Osten dagegen der höchste.

      welt.de/politik/article1729718…_Schutz.html#vote_1718225


      0,0013% zu 0,0058% - das ist natürlich ein signifikanter Unterschied. Vor allem, wenn sich diese Zahlen auf ein einziges Jahr beziehen.

      So furchtbar jeder einzelne Fall auch ist: diese Fälle sind (trotz ihrer scheinbaren Häufung) Einzelfälle und erlauben meiner Ansicht nach keine Rückschlüsse auf die DDR und die dortige Erziehung. Das Phänomen der Kindstötung existiert seit hunderten von Jahren - siehe Goethes Faust - weil es beispielsweise eine Menge Erkrankungen gibt, die auch noch nach einer unproblematischen Schwangerschaft auftreten können, etwa eine Schwangerschaftspsychose.

      Es ist meiner Ansicht nach sinnvoller, darüber nachzudenken, warum diese Fälle nicht entdeckt werden, bevor es zu spät ist. Oder die von Kindsmißhandlung. Oder wie eine Frau neun ihrer Kinder nach der Geburt töten konnte - wie kann es sein, daß der Ehemann nicht einmal merkt, daß seine Frau schwanger ist und entbindet? Ein Mal wäre das ja eventuell noch glaubhaft, aber neun Mal?!
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    • Böhmer ist übrigens nicht der erste hochrangige Politiker der neuen Bundesländer, der sich zur dort angeblich deutlich überproportional häufigen Zahl von Kindstötungen äußert. Der brandenburgische Innenminister Schönbohm hat nach dem Fund der neun Kinderleichen von Brieskow-Finkenheerd behauptet, daß der Tod der neun Babys Folge der "erzwungenen Proletarisierung" sei.

      Schönbohm erntete damals massive Kritik, auch aus den eigenen Reihen. Ein CDU-Politiker sagte damals:

      "Da ist etwas daneben gegangen und das muss richtig gestellt werden. Herr Schönbohm wird das aus der Welt schaffen, hoffe ich." Er habe völlig unterschiedliche Tatbestände verquickt, was sachlich absolut nicht zu begründen sei. Mit der Kollektivierung zu DDR-Zeiten seien keine aktuellen Gewaltverbrechen zu erklären"

      Der Name dieses CDU-Politikers, der Schönbohm damals so kritisierte: Wolfgang Böhmer.

      ssl.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/55/57997/


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      danke an Heimwerker-Ass bei Spon

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