Das politische Kabarett

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    • Kennt ihr eigentlich Wilfried Schmickler? Der Name sagte mir bis vor kurzem auch nicht viel - aber diese Bildungslücke habe ich schließen können - z.Beispiel hier:

      Wilfried Schmicker über Wahlbeteiligung und über die Abschaffung des Sozialstaats. :top:
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Orthogräfin ()

    • Daß man die Kirche konkurrenzlos im Dorf lassen sollte, ist ja nicht nur den Schweizern klar. Und eben so klar ist natürlich, daß da kein Minarett das Matterhorn überragen darf. Und um diese drohende Gefahr zu bannen, dürfen jetzt überhaupt keine muselmanischen Gebetstürme in den helvetischen Himmel ragen. Die Anti-Muselmanie kreuzzügelt von der Schweiz aus durch das auf-rechte Europa. Der unvermeidliche Henryk M. Broder (nein, das Mittel-M steht nicht für Mohammed, wie er mir verraten hat; wir hatten vor Urzeiten mal bei linken Blättern zusammengearbeitet) sieht das eidgenössische Votum als vorbildhaft für die restliche West-Welt. Sein Grund-Tenor: Wir müssen endlich den Fundamentalismus der islamistischen Fanatiker übernehmen und in Sachen Religionsfreiheit das Mittelalter wieder einführen. Ein fundamentalistisches Gegengeschäft: Auge um Auge! Hirn um Hirn!

      Klasse, Martin Buchholz.
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens
    • Hahaha, Georg Schramm ist nahezu unschlagbar! :D

      In Zeiten von Internet haben es die Pharmakonzerne schwerer den je.
      Da wird eine Schweingrippe incl. Panik verbreitet und man dachte, dass die blöden Lämmer wie eh und jeh folgen.
      Leider hatte man nicht auf der Rechnung, dass sich die Leute auch unabhängig informieren können und deren Blödsinn nicht einfach so mitmachen.
      Resultat: Zu viel Imfstoff! :D

      rbb-online.de/nachrichten/verm…ss_an_schweinegrippe.html

      Alternativ können die Dödel sich ihr Gift auch selber injekzieren :]
      Büchermäßig bin ich nicht so lesetechnisch unterwegs!

      Cora Schumacher
    • Buchholzens WochenSchauer - Nummer 453

      Hundert Tage Westermerkel Hundert Tage werden wir nun schon irgendwie neu regiert. Gefühlt sind es um die tausend Tage. Aus allen Meinungsspalten unserer Gazetten trieft schäbigster Hohn auf die Hunderttägigen hernieder. Nur ein Meinungsträger verschließt sich in seiner Kolumne diesem öffentlichen Ätschebätsche. Jawoll, ich bin's, der mal wieder kühn gegen den Mainstream der hämischen Einheitsmeinung schwimmt. Ohnehin sind mir jeglicher Sarkasmus und jedwede bösartige Ironie wesensfremd. Bin ich doch bekannt für die stets moderate Milde meines Urteils und für die heitere Herzenswärme meines gütigen Humors, der nie jemand verletzen könnte. Und so muß ich auch diese Regierung vor ungerechter Schmähung in Schutz nehmen - und besonders natürlich meine speziellen Schutzbefohlenen von der FDP. Da liest man nun in der Hundert-Tage-Bilanz, die Partei habe nur drittklassige Aushilfskräfte ins Bundeskabinett geschickt, weil sie nun mal keine Köpfe habe. Ich widerspreche: Das ist ein viel zu kopfpauschales Vorurteil! Nun ja, zugegeben: Wir haben da einen Entwicklungshilfe-Minister, der geistig schon immer etwas unterentwickelt wirkte, aber eben damit liefert er den Beweis für die Notwendigkeit seines Amts, das er selber ursprünglich abwickeln wollte. Dieser Minister hat die Entwicklungshilfe dringend nötig. Auch jener vietnamesische Waisenknabe, den die Regierung als Gesundheitsminister adoptiert hat, ist ein schönes Beispiel für humanitäre Entwicklungs-Nachhilfe. Er plappert zwar noch ein bißchen viel; und gelegentlich verplappert er sich auch in Beckmanns Quassel-Zirkus. Doch ist er ein blitzgescheiter Kopf samt integrierter Pauschale. In weiser Voraussicht prophezeite er, daß man ihn eines Tages als Minister gewiß nicht mehr haben wolle. Eines Tages - in seinem Fall klingt das sehr naheliegend. Schließlich ist heute schon so ein Tag. Außerdem muß man fairerweise einmal klarstellen, daß die massive Kritik an der neoliberalen Mitregentschaft keineswegs einhellig ist. Es gibt auch Gegenstimmen, auch wenn die sich in verschämter Zurückhaltung nicht sehr lautstark zu Wort melden. So ist zum Beispiel von der deutschen Pharma-Industrie noch keine kritische Verlautbarung gegen diese Regierung bekannt geworden. Auch die Apotheker halten sich mit jeglicher Kritik dezent zurück ebenso wie die Hotelbesitzer, die Steuerberater, die privaten Krankenkassen undundund... Was heißt da - Klientelpolitik! Ein unfairer Vorwurf! Es ist ja keineswegs so, daß die FDP ihre Stammkundschaft bedient. Solcher Service ist gar nicht vonnöten. Die Partei überläßt ihrer Klientel den Regierungsladen gleich zur Selbstbedienung. Schließlich hat diese Kundschaft schon vorher bezahlt. Und ich weiß, wovon ich rede. Bin ich doch seit Jahren Kassenwart im Dachverband Staatstreuer Kabarettisten (DSK). Für uns hat man die Mehrwertsteuer schon lange abgeschafft. Unser Verband ist allerdings in der Öffentlichkeit bislang nicht in Erscheinung getreten; unsere Lobby-Arbeit leisteten wir still im Hintergrund. Immerhin - unsere Spenden, vornehmlich an die FDP, waren nicht unerheblich. Und sie haben sich ausgezahlt: Wurde uns doch in den letzten Wochen überreichlich Stoff für unsere Programme frei Haus geliefert. Wir Kabarettisten waren fast ein wenig beschämt von so viel Großzügigkeit. Allerdings fragen sich einige Kollegen bänglich: Kann diese Regierung und besonders Guidos Quatsch-Comedy-Club diesen hohen Pointen-Ausstoß der ersten hundert Tage auch in Zukunft durchhalten? Immerhin liegen noch rund eintausenddreihundert Tage vor uns. Ich gehöre nicht zu diesen Skeptikern. Ich weiß, diese Regierung kann noch viel mehr leisten. Und zwar sich. Und zwar mit uns. Das Wachstum an Real-Satire wird zunehmen. Hat man doch extra dafür ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossen. Deshalb zunächst einmal: Danke, Guido! Dank auch Dir, Angela! Ich rechne weiterhin auf Euch!


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      Martin Buchholz live: Am 7. Februar (und jeden Sonntag) bei den Berliner "Wühlmäusen", am 12. Februar in Hannover (Theater am Küchengarten), am 15. Februar in Hamburg (Lustspielhaus) sowie am 16 Februar in Leipzig (Pfeffermühle).
      Mehr Infos und weitere Tourneetermine unter martin-buchholz.de.
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      "Die heutige politische Klasse ist gekennzeichnet durch ein Übermaß an Karrierestreben und Wichtigtuerei
      und durch ein Übermaß an Geilheit, in Talkshows aufzutreten."


      Helmut Schmidt
    • Martin Buchholz live: [...] am 16 Februar in Leipzig

      Vielen Dank für den Tip - ich habe gerade noch Karten bekommen. :top:
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      Gestern abend in der heute-show: :evil:

      Ihre Frage paßt nicht zu meiner Antwort! Christine Haderthauer (CSU), Bayerns Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen auf die (wiederholte!) Frage, ob Roland Koch ein verantwortungsloser Hetzer sei.
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      Sie müssen sich auch mal in die Leute hineinversetzen, deren Namen auf der CD stehen. Man hat die Intimsphäre dieser Menschen verletzt, dieser Leistungsträger. Viele wachen nachts schreiend auf, weil sie geträumt haben, von ihrem Geld hätte man in Deutschland Kindergärten gebaut!
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens
    • Ein Hartz für Kinder

      Kennse den? "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat." So steht es in Artikel 20 des Grundgesetzes: Der soziale Staat ist da festgeschrieben. Ein Scherzartikel, zumindest ein schlechter Witz - so befindet der deutsche Fiese-Kanzler Westerwelle.
      Nun haben zwar blöderweise die Verfassungsrichter auf eben diesen Artikel ihr Hartz-IV-Urteil begründet und zusätzlich die Würde des Menschen aus Artikel 1 herbeizitiert, die angeblich unantastbar sein soll, aber Stichworte wie "sozial" und "Würde" gehören nun mal nicht zum Wortschatz der neoliberalen Verfassungsfeinde. Womit ich nicht nur die FDP meine. Wir wollen nicht ganz vergessen, daß es eine deutsche Asozialdemokratie war, die Millionen deutscher Kinder unter die Armutsgrenze hartzte unter dem segensreichen Motto "Ihr Kinderlein verkommet". Ein Hartz für Kinder! Und alle anderen Parteien segneten das ab, voran die Grünen. Eine Partei gehörte nicht zu dieser Einheitsfront, aber deren Protest ließ man wie üblich links liegen - zumal deren Verfassungstreue von den anderen ohnehin stets bezweifelt wurde.

      Nun plötzlich haben die Karlsruher Oberrichter dem ganzen Gesetzeswerk, das einst von Frank Walter Steinmeier ausgearbeitet wurde, bescheinigt, gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Woraufhin die SPD nicht etwa ihren Faktionsvorsitzenden verstößt, sondern die jetzige Regierungskoalition für abstoßend erklärt, weil die so herzlos, wenn auch nicht hartzlos mit den Ärmsten dieser Republik umgehe. Plötzlich steht da eine ganz neue Frage im Raum, genauer: im Plenarsaal - nämlich die "soziale Frage". Die wurde sofort von Frau von der Leyen in Tagespflege genommen. Da wird sie nun fürsorglich overprotected. Eine liebende Fürsorge, wie man sie ansonsten nur in Knabenheimen der Jesuiten kennt. Erst wird geheuchelt, dann gehechelt.

      Da muß man Westerwelle fast dankbar sein, daß er stellvertretend für alle anderen Klartext redet. Er schreibt in der "Welt": "Wie in einem pawlowschen Reflex wird gerufen, jetzt könne es erst recht keine Entlastung der Bürger mehr geben, das Geld brauche man für höhere Hartz-IV-Sätze." Nun sollte er sich besser nicht auf den alten Pawlow berufen: Ist doch Westerwelle selbst ein Pawlowscher Dackel an der langen Leine seiner Klientel, bei dem es automatisch Alarm klingelt, wenn er das Wörtchen "sozial" hört. Sofort läuft ihm in einem bedingten Reflex die Spucke zusammen in seinem Großmaul, und er sabbert sofort die Assoziation vor sich hin: "Sozialismus". Ein Speichellecker, der auch noch die eigenen Sekrete schluckt, um sie anschließend magensäuerlich erneut abzusondern. Ergo: "Die Diskussion nach der Karlsruher Hartz-IV-Entscheidung hat sozialistische Züge."
      Und bei sozialistischen Zügen versteht Westerwelle nur Bahnhof. Das steht ihm ins Gesicht geschrieben: Dort allerdings entgleisen ihm die eigenen Züge derweil mehr und mehr.

      Nun ist es nicht so, daß er nur an die Besserverdienenden denkt; nein, gerade den Schlechterverdienenden gilt derzeit seine Fürsorge. "Wer kellnert, verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekommt im Schnitt 109 Euro weniger im Monat, als wenn er oder sie Hartz IV bezöge. Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst." Und diese zutiefste Besorgnis um die Sorglosigkeit im Umgang mit den in die Unterschicht Entsorgten, quält nicht nur ihn. Der CDU-Sozialexperte Karl-Josef Laumann empört sich derzeit lautstark im NRW-Wahlkampf über Dumpinglöhne. Im Jahre 2003 - so "spiegel-online" - war es der nämliche Sozial-Christ, der das Jumping in die Abgründe des Dumping als neuen Aufschwung am Arbeitsmarkt propagierte: "Wir werden in Deutschland nur Beschäftigung bekommen, wenn wir einen Niedriglohnbereich haben und Stundenlöhne von sechs oder sieben Euro zahlen."

      Die vor der Finanzkrise hoch gepriesene Deregulierung des Marktes machte auch vor dem Arbeitsmarkt nicht halt - und darauf war Gerhard Schröder (immer noch SPD) noch immer stolz: "Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt." Zeitarbeitsfirmen, die einen Stundenlohn von 4,81 Euro zahlen, gehören zu dieser stolzen Bilanz. In Wahlkampfzeiten wie jetzt in Nordrhein-Westfalen versucht man allerdings den Stolz auf die vollbrachte Niedriglohn-Leistung zu kaschieren. Da heißt es auf einmal: Die Löhne müßten Fair sein. Das nennt man: Fair!Scheißern!

      Aber plötzlich gibt es da eine Sinn-Krise: Was macht es für einen Sinn, für ein Almosen zu arbeiten, von dem man nicht leben und nicht sterben kann, wenn man mit Hartz IV ebenso elendig unsterblich leben kann, allerdings ohne sich sinnlos totzuschuften? Doch wer nach dem Sinn fragt, kriegt von dem Sinn sofort eine Antwort, sofern dieser Sinn mit Vornamen Hans-Werner heißt. Der National-Ökonom Hans-Werner Sinn (der mit den Fusseln am Kinn, die er sich bei allen Quassel-Shows in den Fernseh-Kloaken ans Maul geredet hat) kommt wie etliche andere seiner Verdienstklasse zu dem sinnigen Schluß, daß man eben die Hartz-IV-Sätze radikal senken müsse, damit die Malocherei der Niedriglohn-Sklaven für sie etwas lohnender sei. Eine sinnvolle Logik: Erst wenn der Hartz-IV-Schmorotzer richtig am Verhungern sind, sind die restlichen Arbeitsscheuen auch für einen Hungerlohn zu kriegen.

      Die Forderung nach Einführung von Mindestlöhnen hingegen, die deutlich über dem Hartz-IV-Satz liegen, ist hingegen nach Meinung aller Sinn-Sabbler absolut sinnlos. Das wäre freiheitsfeindliche Gleichmacherei, mithin also - jetzt sind Sie wieder dran, Herr Westerwelle - "Sozialismus".

      So ertönt weiter seine bewegende Klage über die soziale Ungerechtigkeit, daß "Bürger, die für ihre Arbeit weniger bekommen, als wenn sie Hartz IV bezögen". Aber niemand, so Westerwelle, regt sich darüber auf. Hingegen: "CDs mit den Daten krimineller Steuerhinterzieher erregen die ganze Republik." Allerdings ist die FDP darüber auch erregt - nein, nicht über die kriminellen Steuerhinterzieher, sondern über die Daten auf den CDs. Der Ankauf dieser Raubkopien, so der Generalsekretär, sei "eindeutig unmoralisch".

      Wie schön, daß wir mit der FDP eine Partei haben, die sich mit der Moral auskennt. Auch und gerade mit der Zahlungsmoral. Die haben in dieser Partei der Besserverdienenden soviel Moral, daß sie auch ein bißchen mehr davon leisten können. Sogar eine Doppelmoral.

      Selten war Martin Buchholz besser! :top:
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens
    • Was würde es denn kosten mal für einen Monat......
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      "Die heutige politische Klasse ist gekennzeichnet durch ein Übermaß an Karrierestreben und Wichtigtuerei
      und durch ein Übermaß an Geilheit, in Talkshows aufzutreten."


      Helmut Schmidt
    • Buchholzens WochenSchauer - Nummer 457

      Familienminister Westerwelle und die Woche der Anti-Brüderlichkeit
      Ja, ich gebe es zu: Ich bin empört und enttäuscht! Und zwar zutiefst (denn unter dem geht es nicht in unserer superlativen Fast-Feeling-Gesellschaft). Über bzw. von wem? Über bzw. von Guido selbstverständlich. Daß er mich, seinen unerbittlichsten Fan und gnadenlosen PR-Agenten, so schnöde übergangen hat, als er seine Lieben zum Ausflug nach Südamerika einlud, das kränkt mich schon. Sind wir doch schon lange geschäftlich verpartnert. Habe ich nicht alleweil seinen üblen Verruf, von dem er mittlerweile lebt, zu mehren versucht? Ja, ich lebe derzeit nicht schlecht von ihm. Er ist der Dealer, der mich seit Wochen mit feinstem Stoff beliefert, den ich dann einem süchtigen Publikum weiterverhökere. Im Gegengeschäft sorge ich auch dafür, daß sein Name in aller Munde bleibt, was gar nicht so einfach ist, wenn schon bei der Nennung den meisten inzwischen das Würgen kommt; und ich glaube, selbst Angela würde am liebsten mit ihm brechen. Doch dann muß sie sich aus Koalitions-Raison den Kotzbrocken immer wieder zurückstopfen in den würgenden Schlund. Bitte sehr, das ist jetzt allegorisch oder so ähnlich gemeint, also jedenfalls nicht persönlich: Nicht daß Sie jetzt meinen, daß ich meinen würde, daß der Westerwelle ein Kotzbrocken sei. So etwas kann ich gar nicht gemeint haben, weil mein Rechtsanwalt meint, daß ich so etwas gar nicht meinen darf. Also schon aus rein juristischen Erwägungen heraus bin ich in diesem Fall überhaupt nicht meiner Meinung. (Übrigens, wegen solcher Passagen in meinen unflätigen Reden werden Sie mich auch in nächster Zeit wohl kaum auf dem Fernsehschirm sehen. Da sitzen in den Programmdirektionen geschmackssichere Leute mit gestählten Mägen, die eben ohne weiteres einen Westerwelle auf der Mattscheibe ertragen, aber ganz sicher keinen Buchholz.) Andererseits sehe ich ja ein, daß ich die Zurückweisung durch Guido nicht allzu tragisch nehmen sollte: Schließlich gehöre ich nicht zum inneren Freundeskreis unseres äußeren Ministers, schon gar nicht zu seinem familiären Umfeld, das er in brüderlicher Nächstenliebe hegt und pflegt. Insofern ist er ein Vorbild auch für die CDU: Er lebt es allen wertkonservativen Unionisten vor, daß die private Fürsorge für die Seinen stets Vorrang hat. Wahrlich ein Familienminister, der auf dem falschen Posten gelandet ist. Daß Westerwelle sich und die Kompagnons seiner Partei-GmbH dadurch kurz vor der Wahl in NRW in ziemliche Schwulitäten gebracht hat, darf man so wohl auch nicht formulieren. Denn, so mutmaßt ein unterer Geschäftsführer der Fraktion, die ganze "Hetzkampagne" sei davon geprägt, Vorurteile gegen die "sexuelle Orientierung" des Ober-Geschäftsführers zu schüren. Latente Schwulenfeindlichkeit sei also das Motiv dieser zu Ende gehenden Medien-Woche der Anti-Brüderlichkeit. Klar: Ebenso wie jede Kritik an Schäuble latent behindertenfeindlich ist und jede Maulerei über Angela Merkel Ausdruck finstersten Weiberhasses. So habe ich auch stets die fiesen Zerrisse meiner eigenen Programme in verschiedenen Gazetten verstanden - als Pamphlete des schieren Anti-Heteroismus. Auch nach meiner letzten Kolumne zum Frauentag mußte ich in meiner elektronischen Post gehässige Anspielungen auf meine softie-gespülte Frauenversteherei und warmgeduschte Weicheiigkeit über mich ergehen lassen. Und das alles nur wegen meiner, nun ja, "sexuellen Orientierung"... So gesehen, verbindet Westerwelle und mich ein ähnliches, wenn unterschiedlich orientiertes Los. Ich hatte mich zunächst sogar klammheimlich gefreut, als Westerwelle Außenminister wurde. Zumindest gönnte ich es irgendwelchen Saudi-Ober-Scheichen, daß sie einem homosexuellem Mann freundlich die Hand schütteln müssen, dem in ihrem eigenen Lande allein wegen seines Schwulseins die Todesstrafe drohen würde. Insofern hatte Westerwelles Ernennung durchaus einen emanzipatorischen Nebenaspekt, allerdings einzig und allein wegen seiner "sexuellen Orientierung". Übrigens: Wenn man die "Orientierung" mal geschlechtsneutral untersucht (wiewohl sie als Substantiv eigentlich feminin ist), leitet sie sich ja vom "Orient" ab (der wiederum männlich ist). Westerwelles Orientierung wäre also auch im Wortsinne sowohl in Fernost als in Nahost eine Wegweisung zur sexuellen He-Mann-Zipation. Das aber ist das einzig Positive, was man ihm derzeit nachsagen kann. Und bei aller latenten Homophilie, die da zwischen meinen Zeilen im letzten Absatz durchschimmern mag, muß ich doch hinzufügen: Schwulsein allein ist noch keine ausreichende Qualifikation - in keinem politischen Amt. Das müssen gerade in Berlin wohl mehrere Herren langsam einsehen.


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      Martin Buchholz live:
      Am 14. März (und jeden Sonntag) bei den Berliner "Wühlmäusen",
      am 15. März in Dresden (Herkuleskeule),
      am 16. und 17. März in Frankfurt / Oder (Oderhähne),
      am 18. und 19. März in Nürnberg (Burgtheater)
      sowie am 20. März in Neustrelitz (Alte Kachelofenfabrik).
      Mehr Infos und weitere Tourneetermine unter martin-buchholz.de.
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      "Die heutige politische Klasse ist gekennzeichnet durch ein Übermaß an Karrierestreben und Wichtigtuerei
      und durch ein Übermaß an Geilheit, in Talkshows aufzutreten."


      Helmut Schmidt
    • Nicht daß Sie jetzt meinen, daß ich meinen würde, daß der Westerwelle ein Kotzbrocken sei. So etwas kann ich gar nicht gemeint haben, weil mein Rechtsanwalt meint, daß ich so etwas gar nicht meinen darf.

      Sehr gut. :top:

      Aber das kenne ich schon und das auch von Buchholz selbst - nur hat er damals Herrn Koch gemeint. :evil:
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Orthogräfin ()

    • Buchholzens WochenSchauer - Nummer 458

      Ratzinger, Zeus, Jupiter - und die Wonnen des Fleisches Schon wieder muß ich das leidige Thema zur Sprache bringen: die verfluchte Fleischeslust, die reformpädagogisch offenbar auch lange in weltlichen Internaten interniert war. Doch die klerikalen Pädophilagogen sind weit in der Überzahl. Das pfeifen mittlerweile auch die Regensburger Domspatzen von allen Kirchendächern. Nun ist sogar der oberste Papa dieser zölibaten Sekte ist ins Gerede gekommen. Dabei lebt jener Papa Ratzi seine transsexuellen Neigungen schon lange ungeniert in aller Öffentlichkeit aus, sich schrill exhibitionierend in den gewagtesten Fummeln, die in der Haute Couture unter dem Markenzeichen "Ratzefummel" bekannt sind.

      Ihm wird vorgeworfen, daß er einst als Münchner Bischof einen Priesterasten gedeckt haben soll. Wobei der Begriff "decken" nicht direkt sinnlich, sondern mehr übersinnlich gemeint ist. Fast jede Formulierung kann hier mißgedeutet werden. Sollte ich etwa schreiben, daß er seinem Unterpfaffen die Stange gehalten habe? Denn wenn auch im Psalm die Schäfchen ihren Hirten anbetteln: "Dein Stecken und Stab tröste mich", so sollte man dies doch nicht allzu wörtlich nehmen. Allerdings haben ja die kirchlichen Oberhirten, die sich jetzt verzweifelt an ihren Bischofsstab klammern, jahrzehntelang vertuscht, wieviel Dreck man da am Stecken hat. Jeder gläubige Katholik sollte auf die Knie sinken und der heiligen Mutter Maria dafür danken, daß sie ihren Erstgeborenen, den Jesusknaben, damals nicht in eine Klosterschule eingewiesen hat zwecks Einübung in Nächstenliebe.

      Doch nicht diese offenbar weit verbreitete Büberei ist heute mein Thema; nein, es geht um andere fleischliche Abhängigkeiten. Allerdings kommt auch hier ein Gott ins Spiel. "Einst haben die alten Griechen ihren Zeus als Stier verehrt", so sprach vor ein paar Tagen ein Kommentator im Radio und fuhr dann sinngemäß fort: "Heute sind die Griechen auf deutsche Ochsen angewiesen. Denn nichts anderes sind wir Deutschen derzeit: Wir sind die Ochsen, die den Euro-Karren wieder aus dem Dreck ziehen sollen, und die Gefahr ist groß, daß wir selber schließlich auf der Schlachtbank landen."

      Fürwahr, eine weitsichtige Bemerkung, die das derzeitige Euro-Dilemma mit dem antiken Fleischmarkt in Verbindung bringt. Denn angefangen hat dieses Dilemma tatsächlich mit dem ollen Zeus, der uns als Stier eine nahöstliche Prinzessin namens Europa anschleppte und damit die Einführung des Euro erst ermöglicht hat. Diesem ersten Fall von Rinderwahnsinn verdankten schon die antiken Europäer ihre Währung. Nur hieß die damals noch nicht Euro, sondern pecus. Ins Deutsche übersetzt heißt pecus: das Vieh. Daraus wurde dann pecunia, auf deutsch: das Geld. Auf Grund des Viehhandels entwickelten sich die ersten pekuniären Verhältnisse. Der Wert einer Sache, die man gegen eine andere tauschte, wurde meist nach dem Wert von Ochsen berechnet. Die Sache heißt auf lateinisch: res. Doch ursprünglich bedeutet res: ein Stück Vieh, ein Stück Ochse. Daraus entstand dann die res publica, zunächst ein öffentlicher Viehmarkt, wo man unter den verschiedenen Ochsen wählen konnte. Daraus entwickelte sich dann die Republik. Zumindest bei den Wahlmöglichkeiten hat sich seither nicht allzuviel geändert.

      Ein reicher Mann war damals der, der pekuniär gut ausgestattet war. Sein Reichtum wurde nach der Menge seiner Rindviecher gemessen, also nach den Köpfen seiner Herden. Der Kopf heißt auf lateinisch: caput, und davon abgeleitet nannte man eine Vielzahl von solchen rindsviechrigen Köpfen: das Kapital.

      Insofern sind meine Zuschauer und Zuhörer im Theater zugleich mein Kapital, denn auch ich werde pro Kopf bezahlt. Je mehr Köpfe da sind, desto höher ist meine Gage. Aber es gibt ja nicht nur Köpfe im Publikum, weil manche ihren Kopf erst gar nicht mitbringen. Und diese fehlenden Köpfe machen mir das Geschäft kaputt. Es gab schon Auftritte (wie einst auf der MS Europa), bei denen ich heftig draufgezahlt habe - eben weil keine Köpfe da waren, sondern nur Ärsche.

      Sie sehen, als Kapitalist hat man's heute auch nicht einfach. Man kann nie ganz sicher sein, ob der einem zustehende Obolus tatsächlich ordnungsgemäß verrichtet wird. Obolus - das war im griechischen der Opferspieß, mit dem den Göttern auf dem Altar das Fleisch dargereicht wurde. Daraus entwickelte sich dann die kleinste Währungseinheit beim umlaufenden Ochsen-Kapital. Zwölf von diesen von diesen Obolus-Spießen ergaben ein Spieß-Bündel - oder auf griechisch: eine Drachme. Diese Drachme war bis zur Einführung des Euro die älteste gültige europäische Währung überhaupt. Leider wurde sie dann auf dem Altar des europäischen Binnenmarktes geopfert.

      Ein Opfer, das uns nun zu Ochsen macht. Womit sich der Kreis schließt. Da möchte man am liebsten wie einst der olle Zeus (oder wie sein späterer lateinischer Amtsbruder Jupiter) mit einem Blitz dazwischen fahren. Doch wie wußten schon die alten Römer: "Quod licet Juvi, non licet bovi." Nicht alles, was einem Jupiter zusteht, geziemt sich auch einem Ochsen. Also beugen wir uns weiter unters Euro-Joch, den Ochsenziemer still ertragend...

      martin-buchholz.de
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      "Die heutige politische Klasse ist gekennzeichnet durch ein Übermaß an Karrierestreben und Wichtigtuerei
      und durch ein Übermaß an Geilheit, in Talkshows aufzutreten."


      Helmut Schmidt
    • [tube]9YUDvAnoM7I[/tube]

      Dem ersten Kommentar bei Youtube kann ich mich nur anschließen: es ist wirklich eine Schande sondergleichen, daß derart deutliche Worte im Fernsehen nur noch im Kabarett zu hören sind.
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens
    • Original von Orthogräfin
      Dem ersten Kommentar bei Youtube kann ich mich nur anschließen: es ist wirklich eine Schande sondergleichen, daß derart deutliche Worte im Fernsehen nur noch im Kabarett zu hören sind.


      Wo sollen solche Worte denn sonst noch zu hören sein? Bei den Hofberichterstattern unserer Medienlandschaft? Die bedienen sich lieber der Worte unserer inkompetenten Zonenwachtel, - > "Alternativlos" :D
      Büchermäßig bin ich nicht so lesetechnisch unterwegs!

      Cora Schumacher
    • Kennt hier eigentlich jemand den Kommentator Gernot Haßknecht aus der "heute-show"?
      Der gehört für mich zu den Perlen der Sendung. :top:

      [tube]uSldCH6iZ3Y[/tube]

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      P.S.: an tomex: bei aller durchaus berechtigten Kritik an der Merkel
      finde ich den Begriff "Zonenwachtel" nicht angemessen.
      Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?
      Charles Dickens

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Orthogräfin ()